Bei der ersten Etappe gab's eines der brutalsten Herzschlag-Finale des Rennens aller Zeiten. Gestern wurde nicht um Sekunden gekämpft. Aber Tränen flossen trotzdem – und als letztes Team erreichte einer der letzten Abenteurer unserer Zeit das Ziel.
Riaan Manser. Vom Nachnamen her könnte er Appenzeller sein. Doch bevor ein Einwohner von – sagen wir – Stein AR seinen Sohn Riaan taufen würde, dürfte der Kirchturm des Dorfes umfallen. «Ich weiss nichts von Schweizer Vorfahren», sagt der 41-Jährige dann auch. In Südafrika, seiner tatsächlichen Heimat, sei Riaan ein weit verbreiteter Name.
Riaan und Vasti kommen am 20. Juni 2014 sechs Monate nach dem Start in Agadir (Marokko) in New York an. Bild: MIKE SEGAR/REUTERS
Wie dem auch sei. Manser hat sich diesen Bericht nicht wegen seines Namens verdient. Denn dann wäre der Artikel jetzt zu Ende. Nein, er hat schon ganz anderes geleistet (siehe auch Info-Box):
9:25 Minuten vor der Deadline von 8:30 Stunden erreichten Riaan und Vasti das Ziel der zweiten Etappe bei einem der härtesten Mountainbike-Rennen der Welt – als letztes Team des Tages innerhalb der vorgegebenen Zeit. Kein Wunder, kullerten Vasti nach der Zieleinfahrt einige Tränen über die Wangen.
Die Zielankunft der 2. Etappe von Riaan und Vasti. Video: watson
«Der Wind war brutal heute. Von Anfang an», erklärt der Abenteurer nach der Zieleinfahrt, «und wenn du nach acht Stunden auf dem Bike eh schon fix und fertig bist, ist er noch fieser.» Schon kurz nach dem Start seien zwei Fahrerinnen vor ihm förmlich umgeweht worden.
Auf der ersten Etappe schafften es die beiden gut 30 Minuten vor dem Kontrollschluss ins Ziel. Nun wurde es deutlich knapper. «Gestern haben wir das locker geschaukelt. Heute stürzte Vasti dreimal. Aber sie hat sich grossartig durchgebissen», lobt Riaan seine langjährige Freundin. Speziell trainieren konnte der 41-Jährige nicht auf das Rennen: «Ich war zu beschäftigt.» Die beiden haben logischerweise nur ein Ziel: «Wir wollen das hier beenden.»
Vasti und Riaan nach der 2. Etappe. Geschafft, aber glücklich. Bild: watson
Denn Riaan und Vasti fahren nicht nur zum Vergnügen. Ihr Teamname «No food for lazy man» («kein Essen für faule Männer») ist Programm. Der Abenteurer hat eine Stiftung ins Leben gerufen, welche sich auf die Fahne geschrieben hat, Schulen, die kein Geld haben, mit Sport-Materialien auszurüsten.
Riaan ist überzeugt, dass man durch Sport vieles erreichen kann. Zudem lehrt der Sport Dinge wie Selbstvertrauen, Hingabe, Stolz oder sich in einem Team einzuordnen. Sport soll dorthin kommen, wo er «gebraucht» wird. Anders ausgedrückt: Kindern soll kein Fisch serviert werden, sondern gezeigt werden, wie man fischt. Kein Essen für faule Kinder halt.
Die Zusammenfassung der 2. Etappe. Video: Youtube/Absacapeepic
Nach drei Tagen ist noch offen, ob Riaan und Vasti das Cape Epic beenden werden. Auch wenn sie die ersten Tage im hintersten Teil des Feldes beendeten, sind sie weiterhin zuversichtlich. Die Ruderfahrt über den Atlantik war sicherlich eine grössere Herausforderung. Aber damals spielte die Zeit keine grosse Rolle. Diese wird während der nächsten Tage ihr grösster Feind werden. Wie will sich Riaan von den bisherigen Strapazen erholen? «Ich muss erst mal etwas essen!»
Tränen der Erleichterung nach fast 8:30 Stunden auf dem Mountainbike. Video: watson
Wer sicher an den Triumph von Riaan und Vasti glaubt, ist Professor Tim Noakes von der Universität Kapstadt. Er sagte einst über seinen Landsmann: «Sein Hirn lässt keine negativen Gedanken zu. Oder besser gesagt, er schenkt ihnen keine Beachtung und darum muss er sich auch nicht mit ihnen abmühen.» Diese Einstellung bringt Riaan und Vasti zwar noch nicht bis ins Ziel in Meerendal. Aber sie hilft. Sehr.